Rezension: Die Liebe in den Zeiten der Cholera von Gabriel García Márquez


"Es war unvermeidbar: Der Geruch von bitteren Mandeln ließ ihn stets an das Schicksal verhinderter Liebe denken."

Klappentext:
Nichts auf der Welt sei schwieriger als die Liebe, sagt Gabriel García Márquez in seinem Roman. Das leben und erleiden Fermina Daza und Doktor Juvenal Urbino tagtäglich in ihrer mehr als fünfzigjährigen Ehe bis zum tragikomischen Tod des Mannes. Und keiner erfährt das auch schmerzlicher als Fermina Dazas ewiger Verehrer Florentino Ariza, der 51 Jahre, 9 Monate und 4 Tage auf sie gewartet hat. Schon als 18-jähriger Telegraphist hat er sich unsterblich in sie verliebt, in ihren stolzen Gang und den Zopf auf ihrem Rücken.
Schwärmerisch hat er in poetischen Briefen um sie geworben, sie in aller Keuschheit gewonnen und wieder verloren, aber nie aufgehört, sie zu lieben. Während Fermina Daza an der Seite ihres Mannes, eines hochgeachteten Arztes, ein großbürgerliches Leben führt, bringt es Florentino Ariza bis zum Direktor der Karibischen Flussschifffahrtsgesellschaft. Er ist ein nimmermüder Schürzenjäger geworden, im Herzen aber Fermina Daza immer treu geblieben, und noch am Abend der Beerdigung ihres Mannes erklärt er ihr erneut seine Liebe. Endlich am Ziel seiner Wünsche, fährt er mit der Frau seines Lebens, die die Frau seines Alters ist, auf einem Dampfer der Karibischen Flussschifffahrtsgesellschaft den Magdalenenstrom hinauf, und da hissen sie die gelbe Choleraflagge, um die übrige Welt von ihrer jungen Liebe auszuschließen.


Ganz unbestritten ist, dass Gabriel García Márquez zu den herausragenden Schriftstellern unserer Zeit zählt. Nicht umsonst wurde er 1982 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Sein Roman "Hundert Jahre Einsamkeit" war es, der ihm den internationalen Durchbruch verschaffte und der mir ebenfalls sehr gut gefallen hat. Nun wollte ich also "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" lesen.
Eine weitere Inhaltsangabe erspare ich mir, denn der Klappentext erzählt eigentlich schon mehr als genug.
Die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe. Ungewöhnlich deswegen, weil es Jahrzehnte dauert bis sie ihre Erfüllung findet.

Meine Meinung:
Auch hier erweist sich Márquez als großartiger Erzähler. Die Geschichte selbst ist ungewöhnlich und irgendwie auch recht traurig (fand ich zumindest). Das Thema des Romans an sich, ist aber eines, für das ich persönlich mich nicht so sehr erwärmen konnte. Es ist glaube ich, nur Márquez herausragender Erzählgabe zu verdanken, daß der Roman fesselt - weniger die Handlung und Figuren an sich, die in seltsamen, veralteten Konventionen gefangen sind und sich im Grunde erst am Ende ihres Lebens dazu durchringen können ihren eigenen Weg zu gehen, wobei ihnen das scheinbar nur dadurch möglich wird, indem sie sich sozusagen zurückziehen und aus dem normalen Leben ausklinken. Leider nähert er sich seinen Protagonisten weit weniger an als seinem Erzählumfeld. Die tragische, komische, viele Tabus brechende Liebesgeschichte wirkt teigig, zuweilen gezwungen und in ihren Details, aber auch in ihrer Entwicklung manchmal recht unglaubwürdig. Das etwas zu mächtige und leider zeitweise ziemlich langweilige Buch wird hauptsächlich von seinen Hintergründen und geschichtlichen, kulturellen und sozialen Anmerkungen getragen. Daß sich Fermina und Florentino letztlich bekommen werden, steht von der ersten Seite an fest, daß sie sich eben jene kulturellen Hintergründe zunutze machen, um die Liebe auch leben zu können, ist die eigentliche Leistung des Romans. Bemerkenswert an diesem 1985 entstandenen Buch ist seine sprachliche Positionierung - und der völlige Verzicht auf klischeehafte Endgültigkeiten, denn an keiner Stelle gibt es nur Licht oder nur Dunkel, sondern, wie im "richtigen" Leben, immer eine gesunde, manchmal sehr deprimierende Mischung aus beidem. Ein literarisch hochwertiger Liebesroman, der keiner ist.

Fazit:
In meinen Augen spielt García Márquez sehr mit dem Leser. Mehr und mehr wurde es für mich eine Geschichte des Verfalls, vor allem Florentinos. Gegen Ende hin wurde er mir immer unsympathischer und dies trägt sich bis ins letzte Kapitel fort, wo ich, nach dem was mit seiner Nichte geschieht, einfach nichts mehr mit dem „Happy End“ anfangen konnte... es blieb mir gelinde gesagt im Halse stecken.
Was grundsätzlich nicht gegen das Buch spricht, aber doch dazu führte das ich ihm nicht vollen Herzens alle Punkte geben kann. Dennoch ist es ein sehr lesenswertes Buch und allein schon für die ersten beiden Kapitel eine Lektüre wert. Diese sind nämlich eine hervorragende Charakterstudie zweier alter Menschen und ihres gelebten Lebens im Rücken, wie sich Liebe und Gewohnheit mischen und schließlich in der Senilität und im Tode enden.
Ein gutes Buch, das mir leider zum Schluss einfach ein wenig unsympathisch wurde. Aber das ist manchmal das Zünglein an der Waage zwischen Hochliteratur, zu dem ich dieses Buch gerne zählen mag und einer einfachen Liebesgeschichte. Zumindest hat es mich lange nachdenken lassen.



4/5 Punkten



Die Liebe in den Zeiten der Cholera von Gabriel García Márquez - aus dem kolumbianischen Spanisch von Dagmar Ploetz - 480 Seiten
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 978-3-462018042
Preis: 9,95€

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Instagram