Rezension: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt von Jaroslav Kalfar


Klappentext:
April 2018: Die JanHus1, das erste Raumschiff in der tschechischen Geschichte, erhebt sich in den Himmel. Eine ganze Nation ist auf den Beinen, um den Start vom staatseigenen Kartoffelacker aus mitzuverfolgen. Die Besatzung besteht aus einem einzigen Raumfahrer: Jakub Procházka, Spross einer Kollaborateursfamilie und Professor für Astrophysik mit einschlägiger Erfahrung in der Forschung interstellaren Staubs. Nach dreizehn eintönigen Wochen im All ist der Forscherdrang Jakubs jedoch beinahe erloschen. Einziger Lichtblick sind die wöchentlichen Video-Chats mit seiner Frau Lenka. Doch als die mit ihm Schluss macht, gerät Jakubs Leben im Orbit in Schieflage. Und als wäre das nicht genug, schleicht sich auch noch ein haariger, achtbeiniger Mitbewohner in Jakubs Raumschiff ein.

Das Buch erzählt die Geschichte von Jakub Procházka, dem ersten tschechischen Raumfahrer. Seine Mission ist die Untersuchung der Chopra-Wolke, einer seltsamen, lila Wolke, die vor einiger Zeit im All aufgetaucht ist und seitdem den Nachthimmel auf der Erde violett verfärbt. Der Roman begleitet Jakub in seiner Isolation seiner Weltraum-Mission und legt über Rückblenden und Erinnerungen das Leben des Raumfahrers offen. Diese Einblicke in seine Vergangenheit werden durch dieses seltsame, spinnenartige, witzige und philosophische Wesen hervorgerufen, von dem Jakub nicht sagen kann, ob es real ist oder nur in seiner Einbildung existiert. Nach und nach wird entschlüsselt, wie Jakub zu dem Menschen geworden ist, der er heute ist.

Meine Meinung:
Jakub ist mir total sympathisch und ich kann auch seine Frau Lenka ein bisschen verstehen, obwohl sie ihn verlässt. Auch sein unbekannter Besucher ist ganz witzig, auch wenn ich ihn leider nicht richtig ins Herz schließen konnte.
Die stärksten Momente hat der Roman, welcher in der Ich-Perspektive erzählt wird, definitiv in der Schilderung der Kindheit von Jakub. Hier kommt die angenehme, aber auch teils grausam ehrliche und bildhafte Sprache des Autors besonders zur Geltung und man muss mit dem kleinen Jakub einfach mitfühlen. Die Schilderung der Ereignisse im Weltraum, welche durchaus philosophische Tiefe haben, haben mich dagegen weniger gefesselt und sehr enttäuscht (vielleicht bin ich da auch etwas zu anspruchsvoll)
Am Anfang habe ich ein bisschen gebraucht, um mich an den Schreibstil zu gewöhnen. Er ist zwar humorvoll, aber eher „passiv“ erzählt. Man erfährt eher wenig über Jakubs Empfinden, sondern eher etwas über die Allgemeinheit der Menschen.
Es ist ein Buch zwischen Genialität und Wahnsinn und ein Spiel mit der Realität. Teilweise ist diese Geschichte allerdings so verrückt, dass sie mir geradezu abstrus überzogen erscheint.
Jaroslav Kalfařs Debüt ist auch extrem verrückt dadurch, dass es nicht eindeutig Science Fiction, sondern bewusst nah an unserer Zeit ist. Es lässt mich nachdenklich, aber zugegebenermaßen durchaus auch etwas verstört zurück.

Fazit:
 „Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt“ ist definitiv keine leichte Urlaubslektüre und sicherlich nicht jedermanns Sache, aber so verrückt, dass die dadurch erzeugte Spannung mich dazu brachte, es fast in einem Rutsch zu lesen. Man muss sich wirklich auf diese sehr skurile Handlung einlassen, dann kann einen dieses Buch gewiss begeistern. Obwohl ich noch immer nicht weiß, was ich von all dem halten soll, haben mich einige Passagen tief berührt, insbesondere wenn es um Lenka ging. Man lernt unfassbar viel über das Leben und die Psyche des Menschen. Dennoch konnte mich Jaroslav Kalfař nicht komplett mit seinem Roman packen, was auch an dem etwas anspruchsvollerem Schreibstil mit seinen langen Sätzen gelegen haben könnte.Vor allem schien es mir meist zu verrückt, zu überzogen.



3/5 Punkten

Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt von Jaroslav Kalfar - Aus dem Amerikanischen von Barbara Heller - 368 Seiten
Verlag: Klett-Cotta
ISBN: 978-3-608-50377-7
Preis: 22€

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