Rezension: Der Sandmaler von Henning Mankell


„Elisabeth bekam den Eindruck, dass alles, was die Menschen hier besaßen, Reste und Abfälle aus jener Welt waren, in der sie selbst lebte. Als würde dieses Land von den reichen Industriestaaten als Müllhalde benutzt.“

Klappentext:
Stefan, Kind reicher Eltern, dem alles leichtfällt, und Elisabeth, vom Schicksal weniger begünstigt, haben im Sommer Abitur gemacht. Gegen Ende der Schulzeit hatten sie eine flüchtige Beziehung, jetzt treffen sie sich auf dem Flug nach Afrika zufällig wieder. Während Stefan das Strandleben genießt und in einer Bar ein einheimisches Mädchen aufreißt, will Elisabeth dieses fremde Land verstehen. Sie freundet sich mit einem Lehrer aus ihrer Reisegruppe an, der ihr die historischen Hintergründe erklärt. Ein kleiner Afrikaner, Ndou, den sie als Guide engagieren, führt sie durch die ärmsten Viertel mit ihren Souks und Wellblechhütten. Elisabeth lernt, die Welt und ihr eigenes Leben mit anderen Augen zu sehen.


Ich muss zugeben: bisher kannte ich Henning Mankell nur als Krimi-Autor und war dementsprechend überrascht auf dieses Buch von ihm zu stoßen, auch wenn es nicht sein erster Afrika-Roman war. Der Roman spielt in den frühen 70-er Jahren, was man jedoch oft vergisst, so zeitlos scheint er. "Der Sandmaler" war anders als ich erwartet habe, aber keinesfalls im negativen Sinne. Die Protagonisten Elisabeth und Stefan treffen sich nach der Schule zufällig am Flughafen, von wo aus sie nach Afrika reisen wollen. Es ist immer nur von einem Land an der Westküste die Rede, welches spezifisch wird nicht genannt.
Was ich nicht erwartet habe, ist, dass die beiden dort nur einen 2-wöchigen Urlaub machen. Mein erster Gedanke an eine Reise nach der Schule war: Die machen Work & Travel für ein Jahr oder zumindest ein paar Monate. Oder gehen auf 'ne Gepardenfarm. Geirrt. In den 70ern war das vermutlich noch nicht so gängig.
Beide Charaktere nehmen den Urlaub ganz unterschiedlich wahr und gehen mit verschiedenen Ansichten wieder nach Hause. Elisabeth interessiert sich ernsthaft für das Land und die Kultur und hat sich nach dem Urlaub sehr verändert. Stefan hingegen geht es nur ums Party machen, vögeln und auch sonst ist er eher desinteressiert und sogar angeekelt. Sein Verhalten und seine Ansichten, so kam es mir zumindest vor, ändern sich nicht.
Durch den Lehrer Sven kommt eine Art Erzähler ins Spiel, der vor allem Elisabeth die Kolonialgeschichte Afrikas und deren Kultur nahe bringt.

Es ist ein Bericht über den Zustand Afrikas, der in dieser Geschichte der beiden jungen Schweden verpackt ist. Deshalb stehen auch nicht die Charaktere Elisabeth und Stefan im Vordergrund. Sie dienen sozusagen nur als Mittel zum Zweck.

Meine Meinung:
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Er war anschaulich und direkt. Zwischen den Zeilen liegt in diesem Buch sehr viel Wahrheit. Stefan habe ich regelrecht verabscheut, was nicht zuletzt an der ausdrucksstarken Sprache des Autors liegt. Die Armut der Menschen dort, die trotz allem fröhlich zu sein scheinen, hat mich sehr erdrückt.
Zwei kleine Kritikpunkte muss ich dann aber doch anmerken. Für mich war die Geschichte zu schnell zu Ende und manchmal haben mich Svens runtergeleierte Phrasen über den Kapitalismus ein wenig genervt.

Fazit:
Henning Mankell beeindruckte mich mit seiner Darstellung der Schönheit und der Armut des Landes, die durch den Lehrer Sven erklärt werden, sehr. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und kann es nur weiterempfehlen. Leider hatte die Geschichte für mich kein klares Ende (was vermutlich auch so sein sollte, aber ich persönlich mag das oft nicht). Es bleibt offen, wie es mit kleinen Reiseführer Ndou weitergeht.



4/5 Punkten 



Der Sandmaler von Henning Mankell - aus dem Schwedischen von Verena Reichel - 160 Seiten
Verlag: Hanser
ISBN: 978-3-552-05854-5
Preis: 20€

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